
Praxis Christine Horstmann
Fragen & Antworten
Was ist ein Trauma und wie erkenne ich das ich eins habe? Ein Trauma ist eine psychische Verletzung, die entsteht, wenn jemand ein extrem belastendes Ereignis erlebt, das die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten überfordert. Solche Ereignisse können z. B. Unfälle, Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung, Krieg, schwere Krankheiten, plötzlicher Verlust eines geliebten Menschen oder andere lebensbedrohliche oder tief verstörende Erfahrungen sein. 🔍 Was ist ein Trauma genau? Es gibt verschiedene Arten von Traumata: Akutes Trauma: Eine einmalige, extrem belastende Situation (z. B. ein Autounfall). Komplexes Trauma: Wiederholte oder anhaltende traumatische Erfahrungen, oft in der Kindheit (z. B. Missbrauch oder emotionale Vernachlässigung). Entwicklungstrauma: Traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit, die sich auf die emotionale und soziale Entwicklung auswirken. 🧠 Wie wirkt sich ein Trauma aus? Traumata wirken auf die Psyche, das Nervensystem und oft auch auf den Körper. Häufige Folgen sind: Flashbacks (wiederkehrende, intensive Erinnerungen an das Ereignis) Albträume Übererregung (ständig angespannt, schreckhaft, Schlafprobleme) Gefühl der Betäubung oder Leere Vermeidung von Orten, Menschen oder Themen, die an das Trauma erinnern Starkes Misstrauen, Gefühle von Entfremdung oder Isolation Körperliche Symptome ohne klare medizinische Ursache (z. B. chronische Schmerzen) Selbstzweifel, Schuld- oder Schamgefühle 🧩 Wie erkenne ich, ob ich ein Trauma habe? Es ist nicht immer leicht, ein Trauma selbst zu erkennen, besonders wenn es aus der Kindheit stammt oder verdrängt wurde. Hinweise können sein: Emotionale Anzeichen: Du fühlst dich oft „wie abgeschnitten“ von deinen Gefühlen. Du reagierst in bestimmten Situationen übermäßig emotional oder vermeidest sie komplett. Du hast das Gefühl, in bestimmten Momenten „nicht du selbst“ zu sein. Körperliche Anzeichen: Du hast chronische Verspannungen, Schmerzen oder andere Beschwerden ohne klare Ursache. Du fühlst dich häufig erschöpft, obwohl du ausreichend schläfst. Verhalten: Du vermeidest bestimmte Orte, Menschen oder Gespräche, ohne zu wissen warum. Du hast Probleme mit Nähe, Vertrauen oder Beziehungen. Du kämpfst mit Suchtverhalten oder Selbstverletzung. Erinnerungen & Gedanken: Du hast Lücken in deiner Erinnerung (v. a. an Kindheit). Du denkst oft: „Etwas stimmt nicht mit mir“ oder „Ich bin irgendwie falsch“. 📌 Was tun, wenn du denkst, du hast ein Trauma? Nimm deine Gefühle ernst. Sprich mit jemandem, dem du vertraust. Ziehe professionelle Hilfe in Betracht – eine Psychotherapeutin mit Traumafokus kann diagnostizieren und behandeln. Informiere dich weiter – Wissen über Trauma kann dir helfen, dich selbst besser zu verstehen (z. B. Bücher, Podcasts, Selbsthilfegruppen).
Wie läuft eine Somatic Experiencing Sitzung ab und wie funktioniert es? Eine Somatic Experiencing® (SE)-Sitzung ist eine körperorientierte Therapieform zur Verarbeitung von Trauma und Stress. Sie wurde von Dr. Peter Levine entwickelt und basiert auf der Beobachtung, dass Tiere in der Wildnis nach einem Schock oder Trauma instinktiv körperliche Reaktionen zeigen (Zittern, Entladung), um das Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Menschen unterdrücken oft solche Reaktionen, was zu chronischem Stress oder Traumafolgen führen kann. 🔄 Ablauf einer typischen Somatic Experiencing Sitzung Hinweis: Jede Sitzung ist individuell und wird an die Bedürfnisse der Klientin oder des Klienten angepasst. 1. Ankommen & Orientierung Die Sitzung beginnt meist mit einem kurzen Gespräch. Ziel: eine sichere Atmosphäre schaffen. Der SE-Therapeut hilft dir, dich im Raum zu orientieren (z. B. mit Fragen wie „Was fühlt sich im Moment angenehm oder sicher an?“). 2. Ressourcen aufbauen Bevor belastende Themen angegangen werden, wird mit Ressourcen gearbeitet: Das können innere Bilder, Erinnerungen oder körperliche Empfindungen sein, die Sicherheit oder Stabilität vermitteln. Ressourcen dienen dazu, das Nervensystem zu stabilisieren und eine Überflutung mit Emotionen zu verhindern. 3. Arbeit mit Körperempfindungen Anders als bei Gesprächstherapien liegt der Fokus nicht auf der Erzählung, sondern auf dem Körpererleben. Der Therapeut lädt dich ein, feine körperliche Empfindungen wahrzunehmen (z. B. Druck, Wärme, Zittern, Enge, Bewegung). Du wirst ermutigt, langsam zu beobachten, was im Körper passiert, ohne es zu bewerten oder verändern zu müssen. 4. Titration & Pendulation Titration bedeutet: belastende Inhalte werden in sehr kleinen Dosen betrachtet, um Überwältigung zu vermeiden. Pendulation heißt: gezielt zwischen Belastung und Ressource hin- und herwechseln. So bleibt das Nervensystem in der Regulation. 5. Entladung & Integration Wenn Spannung im Körper wahrgenommen wird, kann es zur natürlichen Entladung kommen: z. B. Zittern, Gähnen, Schütteln, Wärme, Weinen oder spontane Bewegungsimpulse. Diese Reaktionen sind willkommen – sie zeigen, dass der Körper Spannungen loslässt. Der Therapeut begleitet dich dabei einfühlsam. 6. Nachspüren & Abschluss Am Ende wird oft eine Phase des Nachspürens eingeführt: „Wie fühlt es sich jetzt im Körper an?“ Ziel: Integration des Erlebten und Rückkehr in den Alltag. Die Sitzung wird in Ruhe abgeschlossen. 🧘♀️ Was du nicht erwarten solltest: Es geht nicht um das „Durcharbeiten“ des Traumas im klassischen Sinn. Es wird nicht gedrängt, die ganze Geschichte zu erzählen. Es kann sein, dass in einer Sitzung nur an Ressourcen gearbeitet wird – das ist oft genauso wichtig. 🔑 Zentrale Prinzipien von SE: Der Körper weiß, wie er heilen kann – wenn er den Raum dazu bekommt. Der Fokus liegt auf dem Hier und Jetzt – nicht auf der Vergangenheit allein. Es geht um Selbstregulation, nicht um Konfrontation.
Was ist der Unterschied zwischen Somatic Experiencing (SE) und Systemischen Coaching ? Der Unterschied liegt vor allem in ihrer Zielsetzung, Methodik und dem Fokus der Arbeit. Systemisches Coaching • "Wie beeinflussen mich meine Beziehungen, Kontexte, Gedankenmuster – und was will ich verändern?" Ziel: Lösungen für persönliche, berufliche oder zwischenmenschliche Themen finden Fokus: Das Individuum in seinem sozialen System (z. B. Familie, Team, Organisation) Orientierung: Zukünftige Handlungsoptionen, Ressourcen, Beziehungsmuster Anwendungen:Coaching, Persönlichkeitsentwicklung, Team-/Organisationsberatung Somatic Experiencing • "Was sagt mein Körper über meine Erlebnisse – und wie kann ich Sicherheit und Balance wiederfinden?" Ziel: Traumatische oder stressbedingte Spannungen im Nervensystem lösen Fokus: Der Körper und das autonome Nervensystem Orientierung: Regulierung, Sicherheit, körperliche Selbstwahrnehmung Anwendungen:Traumaheilung, Stressverarbeitung, psychosomatische Beschwerden
Wie läuft eine systemisches Coaching ab? Ein systemisches Coaching ist ein zielorientierter, lösungsfokussierter Begleitprozess, der Einzelpersonen (oder auch Teams) dabei unterstützt, persönliche oder berufliche Herausforderungen in ihrem jeweiligen „System“ zu reflektieren und zu bearbeiten. Dabei steht nicht nur die Einzelperson im Fokus, sondern auch die Wechselwirkungen mit ihrem Umfeld. Hier ist ein typischer Ablauf eines systemischen Coachings: 1. Auftragsklärung / Erstgespräch Ziel: Klärung, worum es im Coaching gehen soll. • Wer beauftragt das Coaching (z. B. Coachee selbst, Arbeitgeber)? • Was ist das Anliegen / Ziel? • Was soll am Ende anders sein? • Passt die Chemie zwischen Coach und Coachee? • Klärung von Rahmenbedingungen: Dauer, Anzahl der Sitzungen, Kosten, Vertraulichkeit. 2. Zieldefinition Ziel: Ein konkretes, überprüfbares Ziel für das Coaching formulieren. • Was soll erreicht werden? • Woran erkennt der Coachee, dass er/sie das Ziel erreicht hat? • Welche inneren und äußeren Faktoren beeinflussen die Situation? Beispiel-Fragen: • „Wenn wir in ein paar Monaten zurückblicken – was ist dann anders?“ • „Was wäre ein erster kleiner Schritt in Richtung Ziel?“ 3. Analyse der aktuellen Situation Ziel: Verstehen der Situation im Kontext des Systems (z. B. Team, Organisation, Familie). • Welche Rollen, Beziehungen und Dynamiken bestehen im System? • Welche Muster oder Blockaden gibt es? • Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Typische Methoden: • Systemaufstellungen (auch mit Figuren oder Bodenankern) • Genogramme (Familien-/Beziehungsstruktur) • Perspektivwechsel („Was würde Ihr Kollege dazu sagen?“) 4. Entwicklung von Lösungen und Handlungsmöglichkeiten Ziel: Neue Sichtweisen und Handlungsoptionen entwickeln. • Was hat bisher funktioniert (Ressourcenfokus)? • Welche Alternativen gibt es zum bisherigen Verhalten? • Wie könnten nächste Schritte aussehen? Techniken: • Reframing • Skalierungsfragen • Arbeiten mit Metaphern • Visioning (Arbeit mit dem Zukunftsbild) 5. Umsetzung und Transfer Ziel: Lösungen in den Alltag übertragen. • Welche konkreten Schritte werden umgesetzt? • Welche Unterstützung wird benötigt? • Wie können Rückschläge aufgefangen werden? 6. Abschluss und Evaluation Ziel: Reflexion des Coaching-Prozesses. • Wurden die Ziele erreicht? • Was hat sich verändert? • Wie geht es weiter? Manchmal folgt noch ein Follow-up-Termin nach ein paar Wochen/Monaten. Besonderheiten des systemischen Coachings: • Ressourcenorientiert: Fokus auf Fähigkeiten, nicht auf Defizite. • Lösungsfokussiert: Mehr auf Lösungen als auf Probleme gerichtet. • Kontextsensibel: Erkennt an, dass Menschen immer Teil eines Systems sind. • Fragend statt beratend: Der Coach gibt keine Ratschläge, sondern stellt Fragen, die neue Perspektiven öffnen.
Was ist EMDR und wie wirkt es? EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing (auf Deutsch: "Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegungen"). Es handelt sich um eine psychotherapeutische Methode, die besonders bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) eingesetzt wird, aber auch bei anderen psychischen Problemen hilfreich sein kann. 🧠 Was ist EMDR? EMDR wurde in den späten 1980er-Jahren von der US-amerikanischen Psychologin Francine Shapiro entwickelt. Die Grundidee basiert auf der Annahme, dass belastende oder traumatische Erlebnisse vom Gehirn nicht richtig verarbeitet wurden und deshalb psychische Beschwerden verursachen. 🔍 Wie funktioniert EMDR? Die EMDR-Therapie besteht aus mehreren strukturierten Phasen. Der wichtigste Teil ist die bilaterale Stimulation, meist in Form von geführten Augenbewegungen, aber auch durch akustische Töne oder taktile Reize (z. B. Tippen auf die Hände). Der Ablauf vereinfacht: 1. Anamnese & Zielauswahl Die Therapeutin/der Therapeut wählt gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten ein belastendes Erlebnis aus, das verarbeitet werden soll. 2. Vorbereitung Die Person wird über die Methode informiert und stabilisiert, damit sie bereit ist, mit dem belastenden Material zu arbeiten. 3. Fokussieren auf das Trauma Die betroffene Person denkt an das belastende Ereignis und konzentriert sich auf die schlimmste Szene, das dazugehörige Gefühl, die Körperempfindung und den negativen Glaubenssatz (z. B. "Ich bin hilflos"). 4. Bilaterale Stimulation Während die Person sich auf das Erlebnis konzentriert, führt die Therapeutin oder der Therapeut mit den Fingern horizontale Bewegungen aus, denen die Augen folgen sollen. Alternativ kann auch Tippen oder ein Tonwechsel zwischen beiden Ohren verwendet werden. 5. Verarbeitung & Neubewertung Die belastenden Erinnerungen verändern sich durch die Stimulation oft spontan – neue Gedanken, Emotionen oder Einsichten können auftauchen. Der negative Glaubenssatz wird durch einen positiveren ersetzt (z. B. "Ich habe überlebt" oder "Ich bin stark"). 6. Körpertest & Abschluss Der Körper wird auf Restspannungen überprüft. Wenn keine Belastung mehr spürbar ist, wird die Sitzung abgeschlossen. 🎯 Wofür wird EMDR eingesetzt? Ursprünglich für PTBS entwickelt, wird EMDR heute auch erfolgreich bei anderen Themen angewendet: • Trauma nach Unfällen, Gewalt, Missbrauch • Angststörungen (z. B. Phobien) • Depressionen • Suchtproblematiken • Trauerverarbeitung • Chronische Schmerzen (z. B. Migräne, Fibromyalgie) • Selbstwertprobleme 🧪 Wirksamkeit EMDR ist eine wissenschaftlich anerkannte und evidenzbasierte Methode. Studien zeigen, dass es insbesondere bei posttraumatischen Belastungsstörungen sehr effektiv ist – oft schneller als klassische Gesprächstherapie. 🧘 Warum wirken die Augenbewegungen? Die genaue neurobiologische Wirkung ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass die bilaterale Stimulation die Verarbeitung im Gehirn aktiviert, ähnlich wie im REM-Schlaf (Phase, in der Augen sich schnell bewegen und Erinnerungen verarbeitet werden).